Nürburgring - Nordschleife
Im August hatte ich in der dortigen Ecke zu tun, auf der Rückreise (später Dienstagnachmittag) schaute ich am Nürburgring vorbei.
Auf dem Parkplatz teils die übliche Community: Motorhaube (Scheibenwaschdüsen mit blauer LED) geöffnet: „………die Carbonbox.....aaahh...geil !“, Heckklappe geöffnet (fürs Bassgewummer, „1200W !!!“), Felgen 3cm breiter als die Reifen (Marke "Cheng Kong Ultra+"), Auspuffmündung 150 mm..., (wird alles von den Fans mit dem Foto-Handy festgehalten), sachkundige Kommentare zu jedem „gehobenen“ Fahrzeug das vorbeifährt. Fast wie eine „D&W- Freiluftaustellung“.
Auf dem Ring fahren – für die meisten jedoch Fehlanzeige.
Zunächst war die Nordschleife noch durch ein Motorrad-Event belegt, aber dann wurde sie für den „Touristenverkehr“ freigegeben und ich habe mir das zunächst erst mal angesehen.
Außer relativ vielen Motorrädern war so die „werktagübliche" NS-Klientel unterwegs: BMW (v. a. 3er, M3, CSL), Porsche (div. 911), Mitsubishi Evo (auch aus UK, NL), Subaru WRX STI (dto.), Alfa, Ferrari F 360, AMG, aber auch einiges aus dem Kompaktwagenbereich (Golf, Polo, Astra u. Co). Manche hatten entsprechendes Equipment (Käfig, Sturzhelm, Fahreroveralls usw.) und erweckten, zumindest optisch, einen „professionellen“ Eindruck. Die Rundenzeiten der meisten Fahrzeuge lagen so zwischen ca. 9:30 und 11:30 min. Einem übermässig „gepimpten“ Golf III (von Tuning möchte ich da nicht sprechen
) wurde übrigens die Zufahrt verwehrt (derlei soll zukünftig verstärkt kontrolliert werden). Ähnliches gilt übrigens auch für die Lautstärke der Fahrzeuge (max. 95 db(A)), manchmal wird diese (v. a. hinter der Schranke) gemessen. Vor allem für "Kirmestuning" haben die da schon einen kritischen Blick.
Zufahrt Nordschleife
Da vergleichsweise wenig Betrieb war (etwas mehr als im Video weiter unten), wollte ich dann doch mal wissen was da so mit dem GT geht.
Also mal 3 Tickets gekauft.
Streckenzustand
Trocken, Luft ca. 22°, Asphalt ca. 20°C.
„GT-Zustand“
- Winter-Tuning (LD 1,0 bar) + div. Modifikationen
- AP-Federn
- Movit-Bremsen (mit Belägen Textar T4128 und Flüssigkeit Ate DOT 5.1), s.
movit
- 19“- Michelin PS 2 (Luftdruck v. 3,2 bar, h. 2,8bar), s.
Michelin PS 2
- Motoröl Mobil 1 Rally Formula 5W-50
- ECS-Stellung „Sport“
- Active Aero „Auto“
- ca. 40 kg Gepäck
Streckenverlauf NS
GT in Action
Da meine letzten „aktiven“ NS-Besuche gut 25 Jahre zurücklagen (… die wilden Alfa- und Motorradjahre
) und ich mit dem GT bis dato keine NS-Erfahrungen hatte, fuhr ich nach dem Motto: „Zügige Fahrt auf einer unbekannten, unübersichtlichen, kurvigen Landstrasse“. Also ruhig angehen lassen. Das ergab dann erst mal für die 20,8km-Runde ca. 13 min, allerdings sahen sich einige übermotivierte Piloten bemüssigt es dem Sportwagen (Ferrari oder so...) mal zu zeigen was sie können.
Z. B. in einer engen Kurve überholt ein aufgebrezelter Corrado auf der letzten Rille, am Kurvenende gebe ich Gas, der Corrado zieht aber wieder (zu schnell, weil GT unterschätzt) rechts rein, wenn man nicht aufpasst trifft man in seine Beifahrertüre. Oder: Im „Brünnchen“ schieben sich zwei Alfa 75 aus NL im Grenzbereich vorbei, mich schneidend (kann den Fahrzeugtyp einigermassen einschätzen, könnten die aus dem obigen Bild „Zufahrt NS“ gewesen sein). Die ... Fahrer müssen diesen „Erfolg“ gleich durch das „V“- Handzeichen durchs Schiebedach feiern. Nichts desto trotz habe ich sie dann auf der „Döttinger Höhe“ locker „geschnupft“, was ihrem Ego (gem. Gesichtsausdruck
) nicht gerade zuträglich war.
Die Typen scheinen aber schon bekannt zu sein, z. B. N-Forum:
„Und wenn ich mir unsere Alfa75-Freunde angucke, frage ich mich immer, ob Beneluxer einen Sonderstatus haben. Man sieht so vile Dinge, die Einfach zum Himmel stinken.“
In der zweite Runde habe ich es dann aber „etwas zügiger“ angehen lassen (ca. 9:50 min), das Überholtwerden verringerte sich dadurch ganz erheblich. Allerdings keineswegs am Limit. Der GT machte v. a. durch seine Beschleunigung Boden gut
.
Die dritte Runde ergab dann ca. 9:40 min, ich fuhr fast die ganze Runde vor einem Porsche 996-4S. Allerdings etwas gebremst im “Karussell“ durch einen Streckenposten der dort Reste eines Motorradunfalls aufsammelte sowie durch ein größeres Wohnmobil (!), welches (mittig fahrend) im Kurvenverlauf des „Schwalbenschwanz“ behinderte.
Es ging v. a. um das Kennenlernen von Strecke und GT bzw. dessen Verhalten. Zwar keine Spazierfahrt, aber bestimmt nicht um Bestzeiten (da wäre noch etwas drin gewesen).
Erfahrungen mit dem GT
Insgesamt - Keine Probleme
Motor
Wassertemperatur (normal), Öldruck (normal) und Öltemperatur (um 105°C pendelnd) im grünen Bereich.
Fahrwerk
passt einigermassen zur Strecke. Relativ neutrales Verhalten, leichtes Untersteuern in engeren Kurven, gutmütiges Lastwechselverhalten.
Verbessern kann man wohl immer etwas, ich kann aber kann jetzt nicht direkt sagen wo und wie. Evtl. einen dickeren Stabilisator hinten.
Reifen
Michelin PS 2 passen zur Strecke, greifen ordentlich (warm noch spürbar besser), in scharf gefahrenen Kurven kein Quietschen, sondern ein schwer zu beschreibendes „Scharren“ / „Schaben“.
Beobachtungen nach anschließender „Abkühlstrecke“ (ca. 2 km):
Temperaturmessungen
Reifen vorne - sehr gleichmässig (über gesamte Breite um 65°C), d. h. Reifentyp, Fahrwerkeinstellung, Luftdruck sollte passen.
Reifen hinten – innerer/mittlerer Bereich gleichmässig (ca. 58°C), äußerer Bereich lag nur bei ca. 48°C (vermutlich etwas zuviel negativer Sturz).
Abrieb: In den vorderen Radkästen hatten sich regelrechte, festhängende Streifen an krümeligem Gummiabrieb gebildet.
Bremsen
Die Movits haben sich geradezu wohl gefühlt (außer zeitweiligem Quietschen), kein Fading oder übermässige Stress- bzw. Abnutzungserscheinungen feststellbar.
Verbrauch
Nicht gemessen, aber nicht ganz so wild wie z. B. bei Evos üblich („3 Runden mit einer Tankfüllung“). Schätze mal umgerechnet ca. 35 l auf 100km.
GT auf der NS
Winter-GT? (zumindest Auspuff), LB- X XX, kennt jemand Fz. / Fahrer?
GT-Tips
- Die Federn nicht zu kurz und zu straff (ausreichende Federwege, also möglichst keine HHR-Abstimmung).
- Sturzeinstellung (innerhalb der Toleranzen) vorne an negativer Grenze (evtl. -0,5° mehr), hinten an der Grenze zu positiv.
- Soweit möglich, Gewichtverlagerung nach hinten.
- Die Reifen sollten eine direkte Lenkansprache zeigen, geringe Schräglaufwinkel haben, rel. hoher Luftdruck (sonst starker Kantenabrieb).
Außerdem sollten sie natürlich nicht zu schnell abbauen und "schmieren".
- Fahrersitz auf engen „Körperkontakt“ einstellen.
- Motorölstand nahe max.
- Bremsen müssen natürlich im Top-Zustand sein. Mit den Serienbremsen, v. a. der GT- Gen.1, würde ich nur verhalten fahren (Fading).
- Im Innen- / Kofferraum alles fest?
- Nach scharfen Runden – unbedingt Abkühlstrecke (geeignet z. B. B258 parallel zur Döttinger Höhe).
Englischer GT auf der NS
Noch ein "Roter" auf der NS
Strecke
- Es handelt sich grundsätzlich um öffentlichen Verkehrsraum. Während der Touristenfahrten gilt die Straßenverkehrsordnung. Rechts darf nicht überholt werden, Sicherheitsabstände sind einzuhalten, es gibt Halteverbote usw. (wobei manches sich schon beißt, z. B. Rechtsfahrgebot vs. Ideallinie).
Da als “Kraftfahrstraße ohne Gegenverkehr“ ausgewiesen, ist die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit aufgehoben (bzw. Richtgeschwindigkeit 130km/h), allerdings gibt es auch einige Geschwindigkeitsbegrenzungen (Hatzenbach 50km/h, Ex-Mühle 80 / 50km/h, Antoniusbuche 130 / 100 / 80 / 60 km/h).
- Wer dort noch nicht gefahren ist, hier ein vernünftiges Video (BMW M3-Coupe) aus dem man einen ersten Eindruck bekommt:
Video NS
- Die Strecke ist nicht vergleichbar mit anderen, „modernen“ Rennstreckenkursen (kaum Auslaufzonen, Belag, Übersichtlichkeit usw.).
Vergleichbar eher mit einer kurvigen Landstrasse in süddeutschen Mittelgebirgen. Allerdings breiter und kein Gegenverkehr (Überholvorgänge von der Strecke her normalerweise kein Problem).
Häufig wechselnde Fahrbahnbeläge, teils wetterbedingt gefährlich (z. B. schattige Stellen feucht / vereist).
Mögliche Gefährdung auch durch Betriebsmittelleckage anderer Fz. (Öl, Frostschutzmittel u. ä.) oder Fahrzeugteile u. ä. auf der Strecke.
- Schnelles Fahren verlangt volle Konzentration vom Fahrer.
- NS-Spezialität sind u. a. die Kuppen und Senken, da wirken bei flottem Fahrstil schon erhebliche Kräfte für Fahrzeug und Fahrer in senkrechter Richtung (Ent- und Belastung, bis hin zu „GT-Flug“ bzw. „Federung auf Block“). Das kommt weder durch Videos, noch durch PC-Spiele/ -Simulation rüber. Nichts für Seekrankheitanfällige und Warmduscher
.
- Kritisch sind auch nicht einsehbare / unübersichtliche Streckenabschnitte (Kurven/ Kuppen), v. a. wenn sich danach ein „Verkehrshindernis“ befindet.
- Immer in die Rückspiegel schauen (da kann auch mal ein Profi mit einem 911 GT2 angeflogen kommen).
-
Unbedingt mit Licht fahren (Erkennbarkeit im Rückspiegel)
- Sehr wichtig ist das Kennenlernen und Einprägen des Streckenverlaufs.
Nach meiner Einschätzung braucht man min. ca. 40 bis 60 Runden um sich den Verlauf wirklich gut einzuprägen und ggf. das Fahrzeug abzustimmen. Erst danach sollte man „auf Zeit“ fahren und das Setup optimieren. Hilfreich könnten auch Erfahrungen mit anderen, schwächeren Fahrzeugen sein.
- Allerdings kommen da beim GT (v. a. getunt) schon andere Bedingungen dazu, z. B. kommt man da auch auf kürzeren Abschnitten oder Steigungen schon auf wesentlich höhere Geschwindigkeiten, die dann aber auch wieder „vernichtet“ / reduziert werden müssen.
Es ist nun mal einfacher z.B. eine Kurve die 80km/h verträgt mit 120 km/h anzusteuern als wenn man mit 200 km/h daherkommt (Bremspunkte, Ideallinie usw.).
- Eigene Rundenzeiten sollten grundsätzlich nicht mit irgendwelchen Zeiten z. B. aus Sportauto-Supertests, Fahrertrainigs oder gar Rennveranstaltungen verglichen werden. Da herrschen einfach günstigere Bedingungen (mehr Erfahrungen, keine störenden Touri-Fahrzeuge, v-Beschränkungen, Schikanen im Start-/Zielbereich usw.).
- Größte Gefahr ergibt sich (meiner Ansicht nach) durch andere Verkehrsteilnehmer (da könnte man jetzt viel dazu schreiben). Ein generelles Problem sind auch die stärkeren Motorräder. Beim Beschleunigen meist schneller, in Kurven langsamer – ergibt für beide Seiten häufige Überholvorgänge. Daher wird auch diskutiert, ob getrennte Streckennutzung sinnvoll wäre.
- Wenn, sollte man (soweit möglich) nicht am Wochenende dort fahren, besser in den späten Nachmittagsstunden unter der Woche, rel. ruhig auch in den Spätherbst- /Wintermonaten.
Auswirkungen / Kosten
- Außer Anfahrt, Tickets, Benzin geht das Ganze generell schon aufs Material, v. a. Verschleiß (ca. Faktor 30 bis 50) von Fahrwerksteilen, Bremsen , Reifen, teilw. auch Kraftübertragung.
Entgegen landläufiger Meinung sehe ich allerdings für stärkere Motoren (soweit i. O. und ggf. fachgerecht getunt) keine übermässige Belastung (jeweils nur rel. kurzzeitige Vollastphasen). Da wird z. B. ein Vertreter – TDi auf der A2, A9 oder A92 oft ganz anders ran genommen.
Allgemein
„Alles was Spaß macht ist entweder ungesund, teuer oder macht dick“.
Derlei Fun-Fahrten können sicher Laune machen. Es gibt aber andere Dinge im Leben, die ebenso (oder mehr?) Spaß machen (sollte jeder für sich selbst wissen
), aber kostengünstiger und vor allem ungefährlicher sind.
Zumindest einmal in seinem Kraftfahrerleben sollte man aber schon mal darauf gefahren sein (auch mal an die Enkel denken – „Opa auf der NS“
), zudem man nicht weiß ob es z. B. in zehn Jahren diese „Touristenfahrten“ noch geben wird. Halte ich jedenfalls für sinnvoller und verlangt mehr als z. B. in der Innenstadt Burnouts zu produzieren o. ä.
Für einen seriösen Tuner sollte es schon Pflicht sein, hier mal die Ergebnisse seiner Tunerei zu testen (insbesondere auch Fahrwerk, Bremsen).
Ich für meinen Teil werde die NR wahrscheinlich nicht häufiger nutzen, dazu ist mir einfach mein GT zu schade.
Anmerkungen
- Zuschauerzonen (grün) sind aus der obigen Übersichtskarte ersichtlich.
- Das Befahren der NS mit Roten Kennzeichen bzw. Überführungskennzeichen (5 Tage) ist nicht erlaubt.
- Foto- / Videoaufnahmen sind übrigens auf der NS während der Touristenfahrten seitens der NR-GmbH nicht gestattet.
- Vor dem Befahren sollte man sich die spezielle Notrufnummer (bei Unfall, Panne) auf dem Handy speichern
NR-Notruf 08000 302112
Links / weitere Infos
Fahrordnung der NR-GmbH
http://www.nuerburgring.de/fileadmin/20 ... %20_2_.pdf
Nürburgring-GmbH
http://www.nuerburgring.de/
N-Forum 20832.com
http://20832.com/forum/index.php?c=7&si ... 7f0bbeff36
Touristenfahrerforum.de
http://www.touristenfahrerforum.de/forum/
Viel Spaß, keinen technischen Flurschaden und unfallfreie Fahrt
mitsublue